Wieviel Bewegung braucht es für bessere Gesundheit? (2)
Wir hatten diese Woche einen Vortrag bei einem Kunden und die Frage, wieviel Sport genug sei und ob man sich im Training wirklich quälen muss.
Die Untergrenze der Weltgesundheitsorganisation liegt bei ca. 2,5 Stunden Bewegung pro Woche. Wo liegt also die Obergrenze?
Die Obergrenze
Als Trainer beschäftige ich mich seit 15 Jahren mit der Frage, wo die produktive Obergrenze für Training liegt. Denn: Natürlich kann man immer mehr trainieren, allerdings tritt ab einem gewissen Punkt kein Zugewinn mehr auf, sondern schon wieder ein Leistungsverlust.
Die absoluten Spitzenzahlen liegen im Ausdauersport bei 1400 bis 1600 Stunden Training pro Jahr. Da sind pro Woche um die 30 Stunden Training im Schnitt.
Fünf wichtige Faktoren sind zu beachten:
- Wer sich im internationalen Hochleistungssport durchsetzt, verfügt über eine sehr vorteilhafte genetische Disposition, die nicht jedem zu eigen ist.
- Dieser Wert wird nach Jahrzehnten des allmählichen Aufbaus erreicht.
- Neben dem Umfang werden auch beachtliche Intensitäten trainiert.
- Es handelt sich um Sportler*innen, die damit ihr Geld verdienen.
- Für die Erholungsfähigkeit im internationalen Sport wird gerne chemisch nachgeholfen.
Was ist für berufstätige Menschen, die sportlich motiviert sind anwendbar? Wo sind Gemeinsamkeiten?
Regeln für alle
Aufbau
Das Prinzip des allmählichen Aufbaus gilt für jeden von uns. Einen schaffbaren Einstieg zu schaffen ist Grundvoraussetzung, um sich entwickeln zu können. Natürlich ist es vollkommen in Ordnung, bei diesem Anfangsinvestment zu bleiben und nicht weiterführende sportliche Ziele erreichen zu wollen.
Intensitäten
Gerade im Breitensport und auch im Gesundheitssport gibt es die Verlockung mit besonders intensiven Einheiten nicht vorhandene Zeit gut zu machen. Dies ist ein schmaler Grat, um so mehr als solche Einheiten sich doppelt auf das Stresskonto (Arbeit, Familie…) niederschlagen. Grob gesagt: Lockere Einheiten können Stress abbauen. Harte Einheiten können ihn multiplizieren. Dies ist ein individuelles Thema. Wir beraten Dich hier gerne.
Sport Life Balance
Einige ehrgeizigere Breitensportler*innen nehmen ihr Hobby zu ernst und entleeren Ihr Energiekonto unnötig und sind nicht (mehr) mit Freude dabei. Wir können als Trainer*innen nur darauf hinweisen. Es liegt im Ermessen der eigenen Person
Sport, der krank macht? Wann ist es genug oder zu viel?
Wann ist es zu viel? Diese Frage ist nach Kontext zu beantworten.
Für Gesundheitssportler ist klar, dass Bewegung und Sport das Wohlbefinden steigern sollen. Sport soll Schmerzen beseitigen. Wie soll sich das anfühlen?
Leichter Muskelkater ist manchmal in Ordnung aber im Grund tritt nach Bewegungsende ein Wohlgefühl (auch schon währenddessen) ein, das zu einer angenehmen Ermüdung führen kann. Schlaf, Laune, Konzentration, Libido und Verdauung sind langfristig verbessert. Gelenkschmerzen, die man zum Beispiel vorher hatte, gehören der Vergangenheit an.
Für Breitensportler, die ab und an einen Wettkampf machen wollen verhält sich die Sache ein wenig anders. Es gibt ein Ziel, Schmerzen werden bei wenigen Trainings billigend in Kauf genommen und können auch ein wenig länger nach Belastungsende anhalten.
Schlaf, Laune, Konzentration, Libido und Verdauung sind auch hier verbessert, können aber in Hochtrainingsphasen kurzfristig verschlechtert sein. Dies ist im übrigen das verlässlichste Signal für Trainer und Athlet, im Training etwas zurückzunehmen.
Die nun wichtige Abgrenzung aus unserer Sicht zum Profisport ist, dass diese kleinen Opfer zu keinem nachhaltigen Schaden führen sollten. So ist zum Beispiel Sport bei Fieber absolut sinnlos und lebensgefährlich.
Profisportler treffen hingegen oft eine Entscheidung gegen ihren eigenen Körper und nehmen in Kauf, dass sie auch bei schweren Verletzungen und Erkrankungen trainieren oder Wettkämpfe bestreiten. Wir betonen als Trainer*innen, dass diese Einstellung einzig und allein im Kontext des Profisports Platz haben sollte und trotzdem fragwürdig bleibt.
Deine Obergrenze für Bewegung? Der Versuch einer Zusammenfassung
Bewegung sollte die Eckpfeiler der Lebensqualität Schlaf, Laune, Konzentration, Libido und Verdauung über einen langen Zeitraum verbessern. So ist eine schlechte Nacht oder ein schlechter Tag noch lang keine Katastrophe. Sind aber ein oder mehrere Parameter über Wochen deutlich verschlechtert kann neben den anderen Stressoren des Alltags ein zu viel an Bewegung der Grund dafür sein. Die Untergrenze von zwei Stunden Bewegung pro Woche oder 10.000 Schritten am Tag sollte trotzdem – Krankheit ausgenommen – nie unterschritten werden.