Umgang mit Angst
Angst ist ein normales Gefühl (wie auch Wut, Zorn, Trauer). Sie zeigt uns Bedrohungen an und ist daher eine natürliche und lebenswichtige Reaktion des Organismus. Sie entsteht, wenn wir uns in einer Situation befinden, die für uns bedrohlich, ungewiss und unkontrollierbar ist. In genau so einer Situation befinden wir uns alle aktuell. Wir sind mit einer Krankheit konfrontiert, die noch wenig beforscht ist und für viele tödlich verläuft.
Es werden von Woche zu Woche neue Maßnahmen gesetzt, die unser Berufs- und unser Privatleben teils weitreichend beeinflussen ohne, dass wir dies kontrollieren können und die weiteren Entwicklun- gen sind ungewiss. Angst ist aber grundsätzlich nichts Schlechtes. Angst in einem moderaten Maß setzt Energie frei, lässt uns in riskanten Situationen die richtigen Entscheidungen treffen, treibt uns so zu Höchstleistungen an und lässt uns Erfolge erleben. Problematisch wird die Angst dann, wenn sie uns in ständige Alarmbereitschaft versetzt und wir beginnen in Katastrophen zu denken.
Im Umgang mit all diesen Ängsten ist es daher wichtig, einerseits die Angst nicht zu verleugnen und andererseits, sie aber auch nicht überhand nehmen zu lassen.
DER ANGSTKREISLAUF
Damit Angst zustande kommt, bedarf es immer eines Auslösers (bspw. Medienberichte über Corona). Die dadurch ausgelöste Stress-Reaktion zeigt sich durch Symptome wie Herzklopfen, Zittern/ Kribbeln, Schweißausbrüche, innere Unruhe oder Schlafstörungen. Häufig führen diese Symptome dann zu ängstlichen Gedanken, wodurch die Angstgefühle weiter verstärkt werden. Die körperlichen Symptome werden dann zunehmend als Indikator für eine Bedrohung wahrgenommen und eineursprünglich „normale“ Reaktion verselbstständigt sich, wenn man diesen Kreislauf nicht unterbricht.
ANGST ANNEHMEN UND AKZEPTIEREN
Der erste Schritt, um der Angst zu begegnen, ist die Gefühle, die damit einhergehen bewusst wahrzunehmen und anzunehmen. Diese zu unterdrücken oder dagegen anzukämpfen, würde nur dazu führen, dass diese sich verstärken. Dabei geht es nicht darum, dass man diese Gefühle toll finden muss oder die Situation zu akzeptieren, die diese Gefühle auslöst, es geht vielmehr darum den Gefühlen bedingt Raum zu geben, weil der Kampf gegen sie sie nur stärker machen würde. Die Angst annehmen, macht sie besprechbar und damit bewältigbarer. Danach können wir den Fokus auf Dinge lenken, die wir kontrollieren können z.B.: Entspannung, Bewegung, Hygiene, Medienkonsum etc.
MEDIENKONSUM
Plötzlich hört und liest man überall Nachrichten und Meinungen über das Corona-Virus. Halten Sie sich regelmäßig auf dem Laufenden, aber schränken Sie Ihren Medienkonsum diesbezüglich auf das Notwendige ein – ein Zuviel kann zu einer Wahrnehmungsverzerrung führen und wir können nicht mehr gut „abschalten“. Achten Sie außerdem auf die Quelle Ihrer Informationen, es wird viel Fehlinformation verbreitet.
FAKTENCHECK
Ein weiterer Schritt ist die Auseinandersetzung mit der Angst machenden Situation. Machen Sie einen Faktencheck und hinterfragen Sie wovor Sie tatsächlich Angst haben und welche Bilder dabei in Ihnen aufsteigen. Unsere Gedanken können unseren Körper beeinflussen und dadurch Angstsymp- tome auslösen. Stellen Sie sich deshalb folgende Fragen: Müssen Sie jetzt gerade wirklich vor etwas Angst haben? Oder ist es nur ein Gedanke, der die Angst auslöst? Wie würde es Ihnen ohne diesen Gedanken gehen?
DEN ERNSTFALL VORSTELLEN
Was ist das Schlimmste, was passieren könnte? Ist es realistisch, dass das passiert und gibt es etwas, das Sie tun könnten, damit dies nicht passiert?
Oft kann uns die Auseinandersetzung mit unseren Gedanken und dem „Ernstfall“ dazu bringen, einen ersten Schritt in Richtung Lösungsfindung zu gehen.
SICH ABLENKEN
Unsere Gedanken sind häufig nicht rational und gerade, wenn man viel Zeit hat und diese alleine zuhause verbringt, kann es vorkommen, dass diese sich verselbstständigen. Fragen Sie sich deshalb, wie es Ihnen ohne diese negative Gedanken gehen würde und lenken Sie sich mit einem Blick auf Positives davon ab. Rufen Sie jemanden an und sprechen Sie über positive Erlebnisse, tun Sie sich etwas Gutes, nehmen Sie ein Bad, schauen Sie Ihre Lieblingsserie oder gehen Sie ein wenig ins Freie und genießen Sie den Frühlingsbeginn.
PLÄNE UND STRUKTUR SCHAFFEN
Pläne und Struktur vermitteln Sicherheit. Wenn Sie Ihre Tage gut durchplanen und beschäftigt sind, finden Sie weniger Zeit, um sich in negativen, angstauslösenden Gedanken zu verhaften. Wenn Sie dann auch noch ein wenig Bewegung in Ihren Tag bringen, unterstützen Sie dadurch zusätzlich den Abbau von Stresshormonen.
ENTSPANNUNG
Eine weitere Möglichkeit, um auf die eigenen Ängste zu reagieren und die Kontrolle über die eigenen Gedanken zu gewinnen, sind verschiedene Entspannungstechniken. Eine sehr wirkungsvolle und leicht umsetzbare Möglichkeit, ist der richtige Einsatz unserer Atmung:
Den eigenen Atem beobachten
Nehmen Sie sich immer wieder und in verschiedensten Situationen einen Moment Zeit, um Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Atem zu richten. Achten Sie dabei darauf, wie Sie atmen, welche Körperteile sich mit jedem Atemzug bewegen und wo Sie den Atem spüren. Um ein Gefühl für Ihre Atmung zu bekommen, folgen Sie für ein paar Minuten Ihrem Atem.
o Atmen Sie in stressreichen Situationen mehrmals tief durch die Nase in Ihren Bauch ein und verlängern Sie bewusst Ihre Ausatmung
o Nützen Sie die Möglichkeit, durch bewusstes Atmen Ausgeglichenheit, Ruhe und neue Energie zu finden
o Versuchen Sie eine möglichst aufrechte Haltung einzunehmen, vermeiden Sie hochgezogene Schultern oder einen eingeklemmten Bauch, denn dies behindert Ihre Atmung
o Atmen Sie durch die Nase, denn sie reinigt, befeuchtet und erwärmt Ihre Atemluft
Richtig ausatmen
Damit sich die Lunge bei jedem Atemzug mit möglichst viel frischer Luft füllen kann, müssen wir beim Ausatmen so viel verbrauchte Luft wie möglich abgeben. Atmen Sie also nicht nur tief ein, sondern vor allem tief und lange aus. Jede Verlängerung der Ausatmung wirkt außerdem beruhigend auf Körper und Geist.
Weitere Möglichkeiten zur Entspannung wären bspw. die Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen als körperorientierte Methode oder Imaginationsübungen wie eine Fantasiereise an einen positiv erlebten Ort als mentale Methode. Anleitungen zu all diesen Entspannungstechniken lassen sich auf YouTube oder in Form von Apps finden.
SORGEN TEILEN
Viele Ängste sind schlimmer, wenn man sich ihnen alleine stellen muss. Deshalb sprechen Sie über Ihre Sorgen und Ängste. Gespräche mit der/ dem Partner*in und Freund*innen oder Kolleg*innen helfen bei der Auseinandersetzung und Bewältigung von Ängsten, dadurch kann es gelingen eine ge- wisse Distanz zu der Situation gewinnen und neue Perspektiven einzunehmen. Vielleicht hatte aber auch schon jemand in Ihrem Umfeld ähnliche Empfindungen und hat es geschafft damit umzugehen?