Gewohnheiten in Stressphasen
Unser Gehirn reagiert auf Stress oder Gefahr mit einem Anstieg des Hormons Cortisol. Das hat zur Folge, dass die Aktivität in flexiblen und ziel-orientierten Gehirnbereichen eher schwinden, wohingegen die Aktivität von gewohnheits-orientierten Systemen rasch ansteigt. Dies passiert, um Energie und kognitive Ressourcen zu sparen. Alte Gewohnheiten bedürfen weniger Anstrengung als neue Verhaltensweisen. Zusätzlich bedeutet Stress auch ein Abfall von Motivation und Willenskraft, was ebenso das Zurückgreifen in gewohnte Muster erklärt.
Wer jetzt aber denkt alte Gewohnheiten sind immer schlecht, der liegt falsch. Natürlich kann es sein, dass wenn es eine alte Gewohnheit ist Stress mit Schokolade oder anderen Genussmitteln zu bekämpfen, diese wieder in den Sinn kommt. Genauso können aber gute alte Gewohnheiten in stressigen Situationen helfen. Menschen, die für gewöhnlich gesund essen oder trainieren werden diesem Verhalten auch in stressigen Zeiten nachgehen.
All das unterstreicht die Wichtigkeit von gesunden Gewohnheiten, zeigt aber auch warum es uns eben in intensiven Situationen besonders schwer fällt noch nicht gefestigte Routinen beizubehalten.
Es gibt aber auch eine Kehrseite von Routinen. Gewohnheiten können zu Hindernissen werden, wenn sie zu strikt und unflexibel in Situationen angewandt werden, die nach neuen Verhaltensweisen verlangen. So können gewohnte Arbeitsabläufe zu einer Hürde werden, wenn Arbeitsweisen umgestellt werden sollen. In einer Studie wird hervorgehoben, dass ein strenges Einhalten von persönlichen Routinen auch ein Kennzeichen von einer Reihe an mentalen Krankheitsbildern wie Angstzustände, Essstörungen, Depression etc. sein kann. So kann die Kombination von Stress und Routinen für Personen, die anfällig für diese mentalen Probleme sind, die Entstehung einer Pathologie fördern. Dabei kann die Routine übertriebenes Sportausüben, Nägelbeißen oder Frustessen sein.
Wenn Stress nun also von flexiblem Verhalten uns zu strikten Gewohnheiten verleitet, kann das ein Risiko für mentale Probleme darstellen.
Stress und Routinen scheinen somit eine ambivalente Kombination zu sein. Positiv wenn in Maßen die Routine hilft mit dem Stress umzugehen, negativ wenn es uns dazu bringt stur und strikt Gewohnheiten zu befolgen. Was also tun: mental flexibel bleiben. Kognitive Flexibilität bedeutet Denken und Verhalten auf die Situation anpassen zu können; auch in Stressphasen. Achtsamkeitstrainings, soziale Interaktion, viele neue Erfahrungen und auch Sport helfen, die kognitive Flexibilität zu trainieren.
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1364661312002811
https://elemental.medium.com/why-the-stressed-brain-falls-back-on-old-habits-a84e3dd049c9