Der Angst davonlaufen
Dass Bewegung unbestreitbar positive Effekte auf die kognitiven Fähigkeiten und die mentale Gesundheit hat, haben wir in den letzten Wochen hier erörtert. Wie man seiner Angst davon laufen kann, erarbeiten wir (natürlich nur im Ansatz) heute.
Das Gehirn „neu verdrahten“
Wir wissen mittlerweile, dass unser Gehirn plastisch ist, sich also auch im Erwachsenenalter immer noch entwickelt und neue Dinge dazu lernen kann. Dass Sport durch die gebildeten Wachstumsfaktoren diese Vorgänge begünstigt, haben wir ebenso gesehen.
Was ist Angst und was ist eine Angststörung?
So nützlich Angst ist, weil sie unser Überleben als Spezies gesichert hat so belastend kann diese sein, wenn sie sich ohne richtigen Grund manifestiert. Dies ist sehr vereinfacht eine Angststörung. Physiologisch passiert folgendes: Die Stresszentren in unserem Gehirn fahren ohne Grund ihre Funktion hoch: Sympathikus, die HPA-Achse und die Amygdala. Dies geht mit starken physischen Symptomen einher: Atemnot, Herzrasen, Schweiß und viele mehr.
Hilft Bewegung?
Ja. Natürlich sollten betroffene ärztliche Hilfe konsultieren. Dass aber Sport hilfreich Angststörungen und Panikattacken reduzieren kann, ist seit Jahren bekannt. Erst neulich sind die Mechanismen dahinter genauer untersucht worden.
Was passiert genau?
Wenn wir mit Training beginnen, schüttet unser Herz ein Hormon namens atrionatriuretisches Peptid, kurz ANP, aus, welches die oben beschrieben Stresszentren wieder einbremst und die Blutgefäße ausdehnt. In weiterer Folge sinkt die Muskelspannung, die bei Menschen mit Angststörungen erhöht ist.
Die Fettverbrennung durch Sport bewirkt, dass die Aminsosäure Triptophan durch die Blut Hirn Schranke dringt und Serotonin produziert wird. Die im weiteren gebildete Gamma Amino Buttersäure, kurz GABA, wird freigesetzt und hemmt die Erregung der Nervenzellen, was bei Angststörungen ein entscheidender Faktor bei der Verbesserung ist.
Medikamente im Vergleich
Diese Vorgänge werden auch durch Betablocker erzielt, da diese den Sympathikus dämpfen. Nun ist nachgewiesen, dass Training sehr ähnlich wirkt.
Eine Studie, die die Wirkung des Wirkstoffs Clomipramin untersuchte, hat dies bestätigt. Drei Gruppen, Proband*innen, die unter leichten Panikattacken litten, wurden in drei Gruppen geteilt, die folgendes verschrieben bekamen: Sport, den Wirkstoff Clomipramin oder einen Placebo.
Dabei war Clomipramin sofort wirksam, der Placebo ebenso, während die Effekte von Bewegung vier Wochen auf sich warten ließen. Nach sechs Monaten aber waren die Resultate der medikamentös behandelten Gruppe und der Sportler auf demselben Level.
Allerdings bauten die Sportler ohne Nebenwirkungen Selbstwirksamkeit auf.
Was ist der richtige Trainingsplan?
Wenn es eine professionelle therapeutische Begleitung gibt, ist unsere Erfahrung, dass ein niedrig dosiertes Ausdauertraining schnell eine erste Wirkung zeitigt. Dabei ist zu beachten, dass gerade in den ersten vier Wochen der erhöhte Puls und die beschleunigte Atmung sich wie eine angehende Panikattacke anfühlen können. Hier gehören Betroffene aufgeklärt und über die Wichtigkeit der richtigen (niedrigen) Intensität aufgeklärt. Im Rahmen einer Weiterentwicklung können Umfang und Intensität gesteigert werden, um hier neben der körperlichen eben auch eine psychische Resilienz aufzubauen.